Montag, 23. Februar 2009

Begrüßung durch den Präsidenten des Europäischen Parlaments zur Eröffnung der Ausstellung : “Die andere Seite der Welt.

Begrüßung durch den Präsidenten des Europäischen Parlaments zur Eröffnung der Ausstellung : “Die andere Seite der Welt.

vom 28.01.2008

http://cdu-europa.de/blog/2008/01/28/begrussung-durch-den-prasidenten-des-europaischen-parlaments-zur-eroffnung-der-ausstellung-die-andere-seite-der-welt/


Herr Präsident der Auschwitz Stiftung, sehr verehrter Baron Paul Halter,
Herr Direktor der Internationalen Jugendbegegnungsstätte, sehr geehrter Herr Leszek Szuster,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sehr verehrte Gäste,
Meine Damen und Herren,

Es ist für mich ein Moment der großen Emotion, Sie heute hier im Europäischen Parlament zur Eröffnung der Ausstellung “Die andere Seite der Welt. Von Angesicht zu Angesicht - Begegnungen” begrüßen zu dürfen, jener Ausstellung, die anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświçim / Auschwitz konzipiert wurde.

Gestern war der internationale Gedenktag für die Opfer des Holocausts - dem Gedenktag der Ermordung von sechs Millionen Juden sowie Roma, Polen, Russen und zahllosen Männern, Frauen und Kindern anderer Nationalitäten, Religionen und Weltanschauungen, die in den von Nationalsozialisten errichteten Vernichtungslagern ermordet worden sind.

Heute mahnt uns diese Ausstellung im Europäischen Parlament, im Herzen eines demokratischen, friedlichen und geeinten Europa, erneut daran, die Erinnerung an jene dunkelste Seite der Geschichte unseres Kontinents und der Menschheit nie zu vergessen.
Der Friedensnobelpreisträger und Auschwitz-Überlebende Elie Wiesel sagte einmal, dass “Auschwitz nicht ausgestellt werden kann”, weil sich jene millionenhafte Menschenvernichtung menschlichen Worten entziehe und das grauenvolle Erlebnis im Ort der Hölle die Menschen zum Verstummen brachte. Nur eine kleine Zahl der Opfer hat die Hölle überlebt und noch weniger fanden den Weg und die Kraft, um über ihre Erfahrungen zu berichten.

Erlauben Sie mir daher, ganz besonders Herrn Jakub Rottenbach unter uns zu begrüßen, der das Morden und das Leid überlebt hat und der heute hier ist, um darüber zu sprechen.

Auch wenn ein volles Verstehen der Gefühle, des Erlebens und Leidens der Menschen, die Auschwitz erlebt und überlebt haben, nur beschränkt möglich ist, so ist doch die Begegnung mit den Opfern und dadurch wach gehaltene Erinnerung notwendig und unendlich wertvoll.

Über Auschwitz, über die unvorstellbaren Verbrechen der Nationalsozialisten, über den Holocaust, müssen wir sprechen. Nur das Gespräch, die unmittelbare Begegnung und die Konfrontation mit dem Grauen können die Erinnerung am Leben halten. Auschwitz muss als stete Warnung im Gedächtnis auch der künftigen Generationen gegenwärtig bleiben, damit das Grauen nicht zur bloßen Geschichte wird. Niemals vergessen - damit es sich niemals wiederholen kann.

Die Internationale Jugendbegegnungsstätte Auschwitz leistet etwas Einzigartiges: Sie ermöglicht seit 20 Jahren den Dialog zwischen Überlebenden und jungen Menschen von heute.
Diese Ausstellung dokumentiert eindruckvoll, wie Überlebende von Vernichtungslagern wie Auschwitz den Weg fanden, ihre Erfahrungen in Worte zu fassen und an junge Menschen weiter zu geben.

Dieser Dialog und die den Überlebenden von den jungen Menschen bezeugte Zuwendung geben den Opfern auch ein wenig jener Menschlichkeit zurück, die ihnen von den Nationalsozialisten geraubt wurde.

Bei der Einweihung der Jugendbegegnungsstätte im Jahre 1986 sprach der Präsident des Auschwitz Komitees, Baron Maurice Goldstein, von seinen Gefühlen beim Betreten des Lagers Birkenau:
Es sei “die andere Seite der Welt”.

Die Begegnungen mit Überlebenden des Holocaust haben diese andere Seite der Welt für die jüngere Generation verständlicher und als Warnung für die Zukunft unvergesslich gemacht.

Auschwitz wurde somit vom Ort des Mordens und der Unmenschlichkeit zum Ort der Reflexion, der Begegnung und des Nachdenkens darüber, was den Kern des Menschseins ausmacht: Den Respekt vor der Würde des Menschen, jedes einzelnen Menschen.

Die Jugendbegegnungsstätte bietet eine emotionale Brücke in das Heute, sie bringt eine Botschaft des Verstehens und der Verständigung.

Sie wirkt mit am Aufbau eines geeinten und starken Europa, in dem wir das Grauen der Vergangenheit überwinden und gemeinsam an einer Zukunft in Frieden und Respekt vor der Würde des Menschen bauen können.

Das europäische, also gemeinsame Geschichtsbewusstsein aller Europäerinnen und Europäern steht heute noch am Anfang. Die Internationale Jugendbegegnungsstätte Auschwitz und diese Ausstellung tragen dazu bei, ein gemeinsames geschichtliches Bewusstsein auf unserem Kontinent zu ermöglichen. Dieses Bewusstsein muss Grundlage für eine auf unseren gemeinsamen Werten beruhende Zukunft in der Europäischen Union sein.

Lassen Sie mich abschließend noch einmal der Internationalen Jugendbegegnungsstätte und der Stiftung Auschwitz für die Organisation danken, vor allem Leszek Szuster und Christopher Heubner, die diese Ausstellung konzipiert haben.

Diese Ausstellung ist ein bedeutsames Zeugnis, eine Brücke zwischen dem Grauen der Vergangenheit und den Werten, denen wir uns verpflichtet fühlen. Wir dürfen niemals vergessen, wir müssen uns erinnern, damit das Vergangene uns verpflichtet, eine bessere Zukunft in Europa und in der Welt zu ermöglichen.

Privatisieren wir das Parlament!

von Satya Sagar

http://zmag.de/artikel/Privatisieren-wir-das-Parlament

24.12.2005 — ZNet

— abgelegt unter:

Anfang dieses Monats zeigten Fernsehsender mit versteckten Kameras aufgenommene Filme, die zeigen, wie indische PolitikerInnen aus einigen der größten Parteien Geld annehmen, um im Parlament Fragen zu stellen.

Während dieses Ereignis das absehbare Geschrei von "Schande über sie, Schande!" , und auch fromme und sorgenvolle Einschätzungen über die schwindende Vertraunswürdigkeit unserer PolitikerInnen auslöste, geht all dies vollkommen am Kern der Angelegenheit vorbei. Diesen angeblich "korrupten" ParlamentarierInnen sollte man gratulieren, anstatt sie für ihr Verhalten zu verurteilen.

Bevor Sie explodieren, lassen sie mich doch erklären warum.

Erstens gibt in einem Parlament, wo eine beträchtliche Zahl der MitgliederInnen einen kriminellen Hintergrund had oder tief in Verbrechen verwickelt ist, die Annahme von Geld von einigen wenigen Parlamentariern in einer friedvollen und gewaltfreien Weise tatsächlich einen Grund für Hoffnung.

Das zeigt, daß trotz der Verschmutzung unserer nationalen kulturellen Werte durch ausländische Sender wie AXN und Fashion TV, die Lehren Gandhis (Mahatmas, nicht Sonias) sogar heute noch auf zumindest einige unserer Regierenden einen gewissen Einfluß haben. Schließlich hätten die selben ParlamentarierInnen das Geld auch unter Verwendung von Waffen von irgendjemandem erpressen können. (Wäre das für die TV-Leute mit ihren blöden versteckten Kameras dann in Ordnung gewesen? Hmmm!)

Zweitens, indem die ehrenwerten ParlamentarierInnen darauf übereinkamen, im Parlament Fragen zu stellen, bewiesen sie, daß noch immer einige gewählte RepräsentantInnen in unserem Land übrig sind, welche dazu bereit sind für ihr Geld zu arbeiten. Wieviele ParlamentarierInnen kennen sie, von welchen ein Klient, Kunde oder Bürger erwarten kann, daß er oder sie irgendetwas erledigt, selbst nachdem man ihm hartes Geld dafür gegeben hat?

Und man bedenke auch: wieviel einfacher wäre es für diese ParlamentarierInnen gewesen - jene welche gerade von den Medien gefoltert werden - das Geld zu nehmen, und andere dafür zu bezahlen, die Fragen zu stellen. Wäre das nicht noch schlimmer gewesen, eine Art von Betrug, und das Versäumnis ihrer Pflicht nachzukommen?

Indem sie die direkte Verantwortung dafür übernommen haben, die im vorhinein bezahlten Fragen im Parlament zu stellen (die Frage zuerst-Geld danach-Version wird erst ausgearbeitet), haben die ParlamentarierInnen in Wirklichkeit ein strahlendes Beispiel für einen persönlichen Kundendienst geliefert, welches den indischen Privaten Sektor verlegen aufblicken lassen sollte, besonders die Telekomunternehmen.

Weit mehr als nur die Kraft der Lehren Gandhis zu beweisen und die uralte indische Arbeitsethik beispielhaft vorzuführen, waren diese elf ParlamentarierInnen Pioniere eines Konzeptes, welches große Auswirkungen auf die Zukunft von anderen Demokratien, überall auf der Welt, haben kann. Sie gingen die ersten Schritte zur Verwirklichung der verblüffenden Idee, das Parlament zu privatisieren!

Stellen Sie sich die Zukunft vor! Sie wollen im Parlament ein Thema behandelt wissen? Kein Problem - Sie werden ihren Lieblingsparlamentarier über das Internet buchen können, mit keinem größerem Aufwand als dem Zücken einer Kreditkarte! (auf www.cash-fuer-gesetze.de, oder etwas ähnlichem.)

Es wird auf diesem Markt natürlich viel Konkurrenz geben, so daß wir uns auf tolle Preisnachlässe von rivalisierenden ParlamentarierInnen freuen können, die vielleicht zwei Anträge zum Preis von einem anbieten werden. Wenn Ihnen kein zweiter Antrag einfällt werden Ihnen Management-AbsolventInnen vermittelt werden, die sich dann für Sie eine zweite Frage ausdenken - wie durchdacht!

Die Liste der möglichen Vorteile einer Privatisierung des Parlaments ist ziemlich lang, aber eine besonders aufregende Möglichkeit stellt für mich der Export der Talente unserer ParlamentarierInnen in andere Länder dar, welche ihre Parlamente als Reality-TV-Show betreiben wollen. (BPO kann dann für 'Bharatiya Politician Overseas' stehen [A.d.Ü.:6 der 11 Überführten waren aus der BPO])

Stellen Sie es sich vor! Indische ParlamentarierInnen, die überall auf der Welt parlamentarische Debatten stören; die ernsthafte Diskussionen in Schreiduelle verwandeln und mit großer Treffsicherheit Mikrophone auf ihre KollegInnen werfen. Ich wette, daß sie fähig sein werden eine ganze Reihe von Innovationen einzuführen, welche die Briten den Tag bedauern lassen werden, an welchem sie auf die Idee einer parlamentarischer Demokratie kamen. (Aha! Die Kolonisierten bekommen also endlich ihre Rache gegen ihre einstigen Kolonialherren!)

Ich zweifle überhaupt nicht daran, daß unsere ParlamentarierInnen über MitbewerberInnen aus anderen Ländern große Wettbewerbsvorteile haben werden.

Ich mache zunächst einmal darauf aufmerksam, daß nämlich der typische indische Parlamentarier nicht einfach eine weitere Sorte von Entwicklungsland-Parlamentarier ist, sondern einer, der aus der größten Demokratie der Welt kommt. Das bedeutet, daß es viel mehr von ihnen gibt, und die KäuferInnen aus Übersee aus einer großen Zahl wählen können. Tatsächlich bilden sie wahrscheinlich das größte Reservoir an politischer Arbeitskraft weltweit, und ihr Export aus Indien würde dem Land große Fortschritte erlauben.

Zweitens sind sie mit der Institution eines Parlaments wohlvertraut, nachdem sie jahrelang mit allen Mitteln versucht haben hineinzukommen - sogar mit Leib und Seel darum gekämpft haben, hineinzugelangen. Unsere größten Konkurrenten im Weltmarkt - China und Pakistan - haben entweder keine Parlamente, oder haben nur Pseudoparlamente, welche durch Militärdekrete geführt werden. Die haben keine Chance gegen unsere Leute.

Und drittens ist ein indischer Parlamentarier nach internationalen Maßstäben billig. (Hey, sind sie nicht ein Schnäppchen, oder was?!) Ich kenne die neusten Zahlen ehrlichgesagt nicht, aber als Enron vor ein paar Jahren indische PolitikerInnen gekauft hatte, um ihr betrügerisches Kraftwerksprojekt in der Nähe von Mumbai zu befürworten zu lassen, war der Preis gerade bei einigen tausend Dollar pro Politiker. Tatsächlich muß man sie nichteinmal in Dollar bezahlen, indische Rupel werden auch reichen. (Aber bitteschön keine abgegriffenen Scheine! - unsere ParlamentarierInnen akzeptieren kein schmutziges Geld!)

Viertens, sind sie bereit Nachtschichten einzulegen um aus dem Zeitunterschied zwischen Indien und den entwickelten Ländern in Europa und Nordamerika einen Vorteil zu ziehen. In der Nacht zu arbeiten ist für unsere ParlamentarierInnen sehr einfach, da viele von ihnen aus Tätigkeitsfeldern herkommen, wo Dunkelheit eine notwendige Voraussetzung dafür ist, seine professionellen Tätigkeiten ausführen zu können.

Ich könnte noch viel dazu sagen, aber ich sehe schon, daß einige sehr wichtige Fragen aufkommen.

Wenn man das Parlament privatisiert, was wird denn dann aus der Idee von "Ein Mensch, eine Stimme", und dem Konzept einer Demokratie mit gewählten Vertretern? Wird dies dann nicht eher zu "einem Dollar, zwei Stimmen", oder was auch immer der Wechselkurs dann sein mag?

Tatsächlich ist es so, daß man sich fragen sollte, warum man überhaupt eine gewählte Regierung haben will, wenn man sich ohnehin ParlamentarierInnen kaufen kann? Warum privatisiert man die Regierung nicht einfach und verkauft die dämliche Institution einfach an irgendeinenen transnationalen Konzern, einen Hedge Fund oder eine große Bank, welche bereit ist die Prämien zu zahlen? Warum sollte man einen Premierminister und ein ganzes Kabinet voller pompöser MinisterInnen haben, wenn man einen geschmeidigen, hochbezahlten CEO und einen Aufsichtsrat aus Direktoren haben kann, die niemandem gegenüber mehr verantwortlich sind, außer natürlich den AktienärInnen.

Und wird diese Manie, in welcher jede öffentliche Einrichtung privatisiert wird, mit dem Parlament oder der Regierung enden? Warum privatisiert man nicht auch die Armee und auch die Polizei - sind das nicht schließlich riesige und hochgradig subventionierte Institutionen, welche die Regeln der WTO verletzen? Und wenn wir gerade dabei sind, warum verkaufen wir nicht auch noch den Mond an irgendeinen Multi, so daß das Mondlicht ein geldbringendes Unternehmen wird?

Wissen Sie was? All diese Fragen hier sind keine echten Fragen, sondern furchterregende Aussichten, wohin unser geliebtes Land und die Welt hinschlittern. Sogar an einem lauten Tag kann ich die Zukunft hören, wie sie sich mit ihren privatisierten Lungen quält und keucht.

Satya Sagar ist ein in Bangkok lebender indischer Journalist und Regisseur. Er kann unter sagarnama@yahoo.com erreicht werden.